Pädagogik
„Pädagogik ist doch nur ein Laberfach.“ – Stimmt nicht!
Natürlich steht der Austausch im Vordergrund und gerade bei Themen wie Erziehung kann jede/r aufgrund der eigenen Erfahrung einen Beitrag leisten. Die Nähe zur Lebenswirklichkeit ist zweifelsohne sehr ansprechend und spannend für die Schülerinnen und Schüler, was interessante Gespräche fördert. Würde der Pädagogikunterricht hier stehen bleiben, könnte man sicherlich von einem ‚Laberfach’ sprechen. Dies ist allerdings nicht der Fall! Das sicherlich sehr praxisnahe Fach ist selbstverständlich auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen.
Subjektive Theorien werden mit erziehungswissenschaftlich fundierten Theorien konfrontiert und gegebenenfalls korrigiert. Denn oft ist es überraschend, wie wenig reflektiert das Alltagswissen der Gesellschaft über Erziehung und Bildung tatsächlich ist. Nur durch pädagogische Wissenschaftsorientierung können Vorurteile und Ideologien der Gesellschaft aufgedeckt werden. Dabei stützen wir uns auf Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften (wie beispielsweise Psychologie, Neurowissenschaften und Biologie). Das Fach weist also ein besonders ausgewogenes Verhältnis von Theorie und Praxis auf, was es für viele so attraktiv macht.
Was ist nun das „Allgemeinbildende“ des Pädagogikunterrichts?
Seit Beginn der 70er Jahre leistet das Fach Pädagogik/Erziehungswissenschaft einen wesentlichen Beitrag im allgemeinbildenden Fächerkanon der Sekundarstufe II an Gymnasien und Gesamtschulen in Nordrhein-Westfalen. Nach der Einführungsphase (EF) kann Pädagogik am SMG als Grund- oder Leistungskurs gewählt werden.
Das Nachdenken über Erziehungs-, Sozialisations- und Bildungsprozesse ist das Kernanliegen des Faches. Ein Nachdenken, das heute wichtiger denn je zu sein scheint. Die kritische Auseinandersetzung mit Phänomenen der Erziehungswirklichkeit ermöglicht die Herausbildung reflektierter pädagogischer Kompetenz. Methodisch wird dies erreicht durch die Analyse von Fallbeispielen, simulatives Erproben von pädagogischen Handlungsoptionen und die reale Begegnung mit Erziehungsprozessen, zum Beispiel im Unterricht. Demnach steht auch die Handlungsorientierung im Vordergrund, wodurch die Schülerinnen und Schüler auf verantwortliches pädagogisches Handeln vorbereitet werden. Dabei ist der Pädagogikunterricht immer gegenwarts- und zukunftsorientiert und gewinnt dadurch an Bedeutsamkeit für die Schülerinnen und Schüler.
Laut Kernlehrplan sind folgende Inhaltsfelder für das Fach Pädagogik/Erziehungswissenschaft vorgesehen:
Inhaltsfeld 1: Bildungs- und Erziehungsprozesse
In diesem Inhaltsfeld geht es um das Ziel, den wissenschafts- und handlungspropädeutischen Anspruch des Faches anhand des pädagogischen Verhältnisses aus verschiedenen Perspektiven erfahrbar zu machen und damit eine Erschließung der komplexen Erziehungswirklichkeit zu ermöglichen. [...]
Inhaltsfeld 2: Lernen und Erziehung
Die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld ermöglicht ein Verständnis der Lernbedürftigkeit und -fähigkeit des Menschen als Voraussetzung aller pädagogischen Bemühungen. Die pädagogische Betrachtung von Lernprozessen bezieht lerntheoretische Erkenntnisse der Nachbarwissenschaften als Grundlage ein. [...]
Inhaltsfeld 3: Entwicklung, Sozialisation und Erziehung
In diesem Inhaltsfeld geht es um die Interdependenz von Entwicklung, Sozialisation und Erziehung. [...] Auch unterschiedliche Verläufe von Entwicklung und Sozialisation sind im Kontext dieses Inhaltsfeldes zu besprechen. Daraus folgende Praxisbezüge sind zu erschließen. Mit Kindheit und Jugend werden zwei Lebensabschnitte angesprochen, die die Schülerinnen und Schüler durchlebt haben bzw. durchleben; darüber hinaus ist u.a. aufgrund des demographischen Wandels und der Notwendigkeit lebenslangen Lernens die Bedeutung pädagogischen Denkens und Handelns im Erwachsenenalter hervorzuheben.
Inhaltsfeld 4: Identität
Es geht in diesem Inhaltsfeld um die Entstehung und pädagogische Förderung von Identität. Dabei wird die Identitätsentwicklung im Spannungsfeld von eigenen Interessen und Bedürfnissen sowie gesellschaftlichen Einflussgrößen betrachtet. Dies erfordert, pädagogisch relevante Erkenntnisse zur Entwicklungspsychologie und zu Sozialisationstheorien zu berücksichtigen. Möglichkeiten und Grenzen der persönlichen Lebensgestaltung werden aufgezeigt. In diesem Kontext werden zentrale Ansprüche an Erziehung und Bildung wie Mündigkeit, Emanzipation und generationenübergreifende soziale Verantwortung pädagogisch interpretiert und die Auswirkungen von verschiedenen, durch wissenschaftliche Ansätze geprägten Menschenbildern auf pädagogisches Denken und Handeln aufgezeigt.
Inhaltsfeld 5: Werte, Normen und Ziele in Erziehung und Bildung
Die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld ermöglicht Einsicht in die normative Bedingtheit jedes Erziehungs- und Bildungsprozesses. Vor diesem Hintergrund ist bedeutsam, dass Werte, Normen und Zielsetzungen, die jedem Erziehungs- und Bildungsprozess zu Grunde liegen, in ihrer Entstehung und Konkretisierung kulturellen und geschichtlichen Bedingungen und Veränderungen unterliegen. [...] Auf diese Weise können Schülerinnen und Schüler Einsicht in die Relativität von oft als selbstverständlich angenommenen Normen und Zielen sowie ein Verständnis für die Lage von Minderheiten erwerben.
Inhaltsfeld 6: Pädagogische Professionalisierung in verschiedenen Institutionen
[...] Die Auseinandersetzung mit diesem Inhaltsfeld ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, exemplarische Einblicke in die Vielfalt und – soweit absehbar – auch in die zukünftige Wandelbarkeit der pädagogischen Berufsfelder zu erhalten. [...]